Das „Schwarzwaldstube“ gilt als wichtigstes Restaurant Deutsch-lands. Die Küche als Kader-schmiede einer ganzen Generation deutscher Spitzenköche. Dann brannte das Restaurant ab – und wurde wieder aufgebaut. Eine Doku-Serie zeigt, wie aus Gast-gebern Krisenmanager wurden.
I n den Morgenstunden des 5. Januars 2020 erschütterte eine verheerende Nachricht den kulinarisch interessierten Teil Deutschlands: Die „Schwarzwaldstube“, die im
Tonbachtal im Ort Baiersbronn im Schwarzwald gelegene Pilgerstätte für Gourmets aus aller Welt, war in der Nacht zuvor bis auf die Grundmauern abgebrannt und mit ihr das Stammhaus, die Urzelle des Hotels „Traube Tonbach“, das dort seit 1789 bestand.
Eine Doku-Serie des SWR mit dem Titel „Verbrannte Sterne“, die jetzt in der ARD-Mediathek verfügbar ist, hat die Inhaber-familie und die Mitarbeiter des Hotels über die zwei Jahre zwischen Feuer und Wiedereröff-nung begleitet. Warum das interessant ist? Die deutsche kulinarische Landschaft sähe heute ohne die „Schwarzwaldstube“ sicher anders aus. Das 1978 von der Hoteliersfamilie Finkbeiner gegründete Gourmetrestaurant wird seit 1992 durchgängig mit drei Michelin-Sternen ausgezeichnet, der Höchstbewertung des Restaurantführers.
30 Jahre lang kochte hier Harald Wohlfahrt, der die deutsche Spitzenküche in der Welt bekannt machte, sein Nachfolger Torsten Michel war langjähriger Küchen-chef unter Wohlfahrt, wurde von ihm zum Nachfolger bestimmt und hat die Küchenstilistik der „Schwarzwaldstube“ in die Moderne geführt. Die Küche der „Schwarzwaldstube“ gilt gleichzeitig als Kaderschmiede einer ganzen Generation deutscher Spitzenköche, über 30 ehemalige Köche des Restaurants haben später in ihrer Karriere einen oder mehrere eigene Michelin-Sterne erkocht, darunter Christian Bau, Kevin Fehling, Joachim Wissler, Klaus Erfort oder Thomas Bühner. Für viele ist die „Stube“, wie manche sie zärtlich nannten, der wichtigste kulinarische Sehnsuchtsort in Deutschland.
Die Serie beginnt mit den in Privatvideos festgehaltenen Momenten des Entsetzens und der Feuersbrunst und dokumentiert die ersten tränenreichen Mitarbeiterversammlungen, den Abriss der abgebrannten Ruine des historischen Stammhauses, die Interimslösung in Schiffscontai-nern auf dem Garagendach gegenüber während der Corona-Zeit.
Sie endet mit der Wiedereröffnung der neuen „Schwarzwaldstube“
(/food/entdecken/article210698729/Scharzwaldstube-neu-eroeffnet-So-schmeckt- es.html) im April 2022 am gleichen Ort. In einer Szene der ersten Folge begutachtet der Sommelier die vom Brand zerstörten Flaschen des Weinkellers, bei denen das Glas zwar intakt geblieben ist, aber die glühende Hitze den Wein verkocht und die Korken herausgepresst hat. Für Weinliebhaber, die die Karte kennen, ein schwer zu ertragender Moment.
Doch im Mittelpunkt des Fünfteilers steht die siebte und achte Generation der
Hoteliersfamilie Finkbeiner aus Baiersbronn. Darunter Seniorchef Heiner Finkbeiner, der selbst in dem Haus zur Welt gekommen ist, und seine Frau Renate sowie deren Söhne und Töchter, die teilweise im Betrieb schon Leitungsaufgaben übernommen haben.
Entstanden ist eine Familiensaga, die zeigt, wie aus Gastgebern Krisenmanager werden, einen erkenntnisreichen Einblick in die Funktionsweise eines Gourmet-Hotels bietet und zugleich einen Teil der Geschichte eines Tals erzählt, das längst in der ganzen Welt für seine hohe Dichte an Michelin-Sternen bekannt ist.